Unsere letzte Camping Erfahrung ist schon ein paar Jahre her: ein stickiges Zelt, dreckige Dixi-Klos, überfüllte Duschcontainer und ein Platz in dem die Zelte von Tag zu Tag mehr im Müll zu versinken schienen. Es war die Zeit der Musikfestivals. Danach haben wir eine Weile Abstand vom Camping genommen.
Aufgrund der Reiseeinschränkungen in diesem Jahr haben wir uns entschlossen, es mit dem Campen noch einmal zu probieren – nicht mehr im Zelt, sondern etwas komfortabler in einem Caravan.
Mir gefällt die Vorstellung, das eigene Heim im Urlaub dabei zu haben und flexibel den Ort wechseln zu können, ohne Dinge ein- und auspacken zu müssen. Platz und Gewicht in einem Caravan sind knapp bemessen. Bedeutet: man kann nur das wichtigste mitnehmen. Es stellt sich also die Frage, was man wirklich braucht.
Nun gut – Probieren geht über Studieren, und so leihen wir uns bei einem Wohnwagenverleih in der Nähe für eine Woche einen kleinen Wohnwagen. Klein muss er schon aus dem Grund sein, da unser Auto in seiner Zugkraft begrenzt ist. Weiterhin denken wir, dass sich ein kleiner Caravan speziell für Einsteiger besser ziehen und manövrieren lässt. Außerdem möchten wir ja auch testen, wie es ist, auf kleinem Raum Urlaub zu machen.
Als grobes Ziel haben wir uns die Mecklenburgische Seenplatte ausgewählt. Die Ferien haben in einigen Bundesländern bereits begonnen, außerdem sorgt das Coronavirus dafür, dass Reisen innerhalb des eigenen Landes boomen – kurz gesagt: es ist trotz der großen Anzahl an Campingplätzen in der Region gar nicht so einfach, noch einen freien Stellplatz zu bekommen. Wir erweitern unseren Suchradius und bekommen eine Zusage eines kleinen, wunderschön gelegenen Campingplatzes am Schweriner See.
Was die Vorbereitung angeht ist es so, dass wir nicht sonderlich viel Ausstattung brauchen, lediglich einen Toilettenzusatz für das Chemieklo sowie leichtlösliches Spezialklopapier besorge ich noch. Plastikgeschirr, Töpfe und Campingmöbel nehmen wir aus dem Schrebergarten mit. Auch was Lebensmittel angeht, nehmen wir nur das Nötigste mit, schließlich bleiben wir ja in der Urbanisation und werden an jeder Ecke einen Supermarkt vorfinden.
Unser Wohnwagen: Sterckemann Starlett 420 CP
Nun ist er gekommen – unser erster Wohnwagentag. Beim Wohnwagenverleih bekommen wir eine Einweisung in das Equipment vom Wohnwagen. Wenn auch nicht sonderlich kompliziert ist das doch alles Neuland für uns. Ich bin begeistert was auf einer Länge von 4,20 m alles untergebracht werden kann: ein ausreichend großes Bett für zwei Personen, eine gemütliche Sitzecke, eine kleine Küchenzeile und sogar eine kleine Nasszelle mit komfortabler Thetford Kassettentoilette. Alles in einem sehr zeitlosen und schlichten Design.
Die kleine Küchenzeile hat einen Gasherd und einen Kühlschrank, der sowohl über Strom, als auch über Gas betrieben werden kann. Es sind ausreichend Schränke zum Verstauen zur Verfügung. Der Wohnwagen ist weiterhin ausgestattet mit einem 50 l – Frischwassertank, der mit einer Pumpe Spül- und Waschbecken versorgt. Das Grauwasser, läuft durch einem Ablaufstutzen unterhalb des Wohnwagens ab und kann in einem entsprechenden Behältnis (wir nutzen notdürftig einen Eimer) aufgefangen werden. Der Frischwasserstand wird kann über eine kleine Anzeige abgerufen werden.
Nachdem wir den Wohnwagen an unseren kleinen Opel Astra angehängt haben starten wir Richtung Ludwigslust. Die schnellste Strecke wäre laut Google die Autobahn, diese Strecke ist aber auch weitaus länger als per Landstraße und da wir mit dem Wohnwagen ohnehin maximal 100km/h fahren dürfen, entscheiden wir uns für die deutlich kürzere Strecke über Land. In Ludwigslust wollen wir die erste Nacht verbringen, autark ohne Campingplatz.
WoMo-Parkplatz Ludwigslust
Ludwigslust befindet sich knapp 35 km südlich von Schwerin und ist bekannt für das Schloss sowie den schön angelegten Schlosspark. Wir parken auf einem Wohnmobilparkplatz etwas außerhalb. Eigentlich sind Wohnwagengespanne auf solchen Parkplätzen nicht zugelassen, aber da der Parkplatz groß und leer ist, gibt es für uns einfach keinen Grund diesen nicht zu benutzen. Wir richten uns den Wohnwagen entsprechend ein, anschließend packen wir die Klappräder aus und fahren in den Stadtkern von Ludwigslust, wo wir noch eine Kleinigkeit essen und einkaufen gehen. Es ist zunächst ein merkwürdiges Gefühl, als wir Wohnwagen und Auto so einfach auf dem Parkplatz zurücklassen. Was ist, wenn jemand in den Wohnwagen einbricht? Solche Gedanken sollten bei dieser Art des Reisens bestenfalls nicht aufkommen. Die Gedanken schwinden glücklicherweise, je weiter wir uns von dem Gespann entfernen. Als wir zurückkehren ist alles in bester Ordnung. Weiterhin haben sich zwischenzeitlich zwei weitere Wohnmobile dazugesellt.
Wir verbringen eine entspannte erste Nacht in dem Wohnwagen. Das Bett ist bequem – auch mit einer Körpergröße von 1,89m kann man noch einigermaßen gut drin schlafen. Sonnenstrahlen, die durch das Fenster reinfallen, wecken mich. Zeit in unserem Espressokocher auf dem Gasherd einen kleinen Kaffee zu kochen. An der Tankstelle um die Ecke gibt es frische Croissants. Nach dem Frühstück schnappen wir uns noch einmal die Fahrräder und fahren zum Schloss Ludwigslust. Wir parken unsere Fahrräder, um im schön angelegten Schlosspark ein wenig zu flanieren. Geschickterweise merke ich zeitgleich mit dem Einschnappen des Fahrradschlosses, dass ich meine Schlüssel im Wohnwagen vergessen habe. Nun gut – wer es nicht im Kopf hat, hat es in den Beinen und so unternehmen wir einen etwas längeren Spaziergang, erst durch den wundervollen Schlosspark und dann zurück zum Wohnwagen und schließlich wieder zum Schloss, wo wir die Fahrräder abholen. Immerhin ist die Fitnessuhr höchst zufrieden mit der Leistung.
Nun wird es Zeit Ludwigslust zu verlassen. Wir verstauen unsere Sachen und machen uns auf in Richtung Schwerin, wo wir ab 15 Uhr auf dem Campingplatz einchecken können.
Campingplatz „Süduferperle“ am Schweriner See
Der Campingplatz Süduferperle befindet sich auf einer kleinen Halbinsel, die südlich in den Schweriner See reinragt. Es ist ein kleiner Campingplatz mitten in der Natur. Wir stehen in zweiter Reihe zum Wasser. Wir lösen unseren Wohnwagen von der Anhängerkupplung und schieben ihn in die endgültige Parkposition, schließlich werden alle vier Stützen per Hand runtergekurbelt. Neben uns bereitet gerade ein Paar aus Dänemark seinen Stellplatz vor. Wir bekommen bei unseren Nachbarn auch einen Eindruck, wie die Profis es machen: das Rangieren des Wohnwagens erfolgt vollautomatisch per Mover über Fernbedienung. Die Stutzen per Hand runterzukurbeln scheint auch etwas für Armateure zu sein – der erfahrene Camper benutzt hierfür einen Akkuschrauber. Als nächstes schließen wir den Wohnwagen an die Stromsäule an. Auch haben wir direkt am Platz die Möglichkeit Frischwasser nachzufüllen. Der nächste Supermarkt ist knapp 2 km entfernt und kann easy per Fahrrad erreicht werden
Wir fühlen uns sofort wohl. Welche Annehmlichkeiten hat der Campingplatz noch zu bieten:
Dusch- und Sanitärhaus: dieses ist zentral gelegen und von allen Stellplätzen schnell zu erreichen. Hier gibt es Toiletten sowie kostenpflichtige Duschkabinen. Münzen für die Duschen können an der Rezeption gekauft werden. Eine Münze kostet einen Euro und bietet 3 Minuten Duschzeit. Die Zeit kann per Knopfdruck gestoppt werden. Meiner Erfahrung nach reichen drei Minuten Duschen inklusive Haare waschen völlig aus, wenn man in der Zeit des Einschäumens das Wasser stoppt.
Abwäsche: es gibt eine kleine Hütte mit Abwaschplätzen für Geschirr. Diese ist sehr praktisch, da hier ausreichend Platz und heißes Wasser vorhanden ist um sein Geschirr vernünftig abwaschen zu können. Der Abwasch im Wohnwagen ist auch möglich, allerdings haben wir hier kein Warmwasser, außerdem ist der Eimer mit dem wir das Grauwasser auffangen nach einem Abwasch fast voll.
Entsorgungsstelle für Grauwasser und Chemietoilette. Doch, wie funktioniert überhaupt die Toilette in einem Wohnwagen? Das „Geschäft“ wird per Betätigung eines Hebels in eine Tank geleitet, der wie eine Kassette seitlich in den Wohnwagen eingeschoben ist. Anschließend wird mit Frischwasser nachgespült. Im Fäkalientank ist ein Zusatz, der dafür sorgt, dass sich das Klopapier entsprechend zersetzt und keine Gerüche entstehen. Die Kassette fasst knapp 20 Liter. Das Ausleeren funktioniert ziemlich simpel. Die Kassette wird seitlich rausgezogen, zum Trolley umfunktioniert und zur Entsorgungsstelle gezogen. Hier öffnet man den Auslaufstutzen und schüttet den Inhalt aus. Anschließend spült man zur Reinigung ein paar mal nach bevor sie seitlich wieder eingeschoben wird. Ein ziemlich gut durchdachtes System.
Badestelle: Es gibt eine kleinen Badeeinstieg. Das Wasser im See ist kristallklar, nicht zu kalt, perfekt um sich zwischendurch mal zu erfrischen. Die Sonnenuntergänge am See sind wunderschön.
Bootsverleih: es ist möglich sich am Campingplatz Paddelboote zu leihen. Hiervon haben wir allerdings nicht Gebrauch gemacht.
Waschmaschine + Trockner: ebenfalls gegen Gebühr nutzbar – haben wir nicht gebraucht.
Freizeitgestaltung
Die Freizeitgestaltung nimmt der Camper natürlich selbst in die Hand. Fahrräder dabei zu haben ist eine gute Idee. Der Trend scheint hierbei deutlich zu E-Bikes zu gehen, von denen man sehr viele auf dem Campingplatz sieht. Unsere Klappräder leisten auch einen guten Dienst für kurze Radtouren oder schnelle Besorgungen. Ansonsten ist der Schweriner See natürlich für allerlei Wassersport ideal. Für Regentage nimmt man sich am besten ausreichend Lesestoff mit. Karten- oder Gesellschaftsspiele sind sicher auch nicht verkehrt, sofern genug Spielwillige dabei sind.
Was kann man in der Umgebung sonst noch machen:
Wanderrundweg „Zwei Seen“
Die Natur rund um den Schweriner See ist umwerfend. Es gibt einige schöne Wanderrouten durch die Schweriner Seenlandschaft. In Nähe unseres Campingplatzes führt der 9km lange Rundwanderweg „Zwei Seen“ vorbei. Dieser führt zunächst direkt am Schweriner See lang, über einen schönen Waldweg zum Pinnower See und schließllich wieder zurück zum Campinplatz nach Raben Steinfeld. Eine leichte, schattige Strecke durch die Natur mit schönen Ausblicken auf beide Seen und absoluter Ruhe. Auf der Wanderung sind uns nicht mal eine handvoll Leute begegnet.
Zippendorfer Strand
Das Flair am Zippendorfer Strand ist schon fast karibisch. Ein großer goldender Sandstrand südwestlich am Schweriner See.
Schwerin
Die Landeshauptstadt Schwerin liegt westlich am Schweriner See. Vom Campingplatz aus führt ein idyllischer Fahrradweg, durch Wald, vorbei an beeindruckenden Villen und kleinen Schlösschen, direkt zum großen Schloss von Schwerin. Das Schweriner Schloss, in dem auch der Landtag untergebracht ist, ist wunderschön. Ein richtiges Märchenschloss mit vielen Türmchen, deren goldene Verzierungen in der Sonne glänzen. Der Schlossgarten ist ganz bezaubernd. Das Schweriner Schloss ist unbedingt einen Besuch wert. Aber nicht nur das Schloss – auch die Stadt selbst lädt zum Bummeln ein. In den Gassen lassen sich viele Geschäfte, Cafés und Restaurants entdecken.
Wismar
Knapp 40km nördlich an der Ostseeküste liegt die Hansestadt Wismar, die auch einen Besuch wert ist. Hier trifft man auf die typisch hanseatische Backsteingotik und einen quirligen Hafen, wo man Ostseeluft schnuppern und ein leckeres Backfischbrötchen essen kann.
Fazit
Wahrscheinlich gibt es nur wenige Möglichkeiten im Urlaub so nah mit der Natur und vor allem draußen zu sein, wie beim Camping. Ein Wohnwagen bietet nicht den Komfort eines Hotels oder einer Ferienwohnung, aber tauscht man diesen Komfort nicht gerne auch mal ein, gegen die Möglichkeit einfach die Tür zu öffnen und im Grünen zu sein? Entschleunigung pur. Schön war’s – eine Wiederholung ist nicht ausgeschlossen.