Ab in den Süden war gestern, der neueste Reisetrend nennt sich Coolcation. Und wo ließe der sich besser zelebrieren, als im hohen Norden Europas. Norwegen wir kommen!
Anreise und erste Nacht in Dänemark
Los geht’s: Vom Bürostuhl direkt auf den Beifahrersitz unseres Campers, wo ich uns erfolgreich zu unserem ersten Zwischenziel nach Kolding navigiere. Als Beifahrerin bin ich nicht nur für die Navigation verantwortlich, sondern kümmere mich auch um eine gelungene Musik- und Podcastauswahl. Da wir bis Hamburg einige Verzögerungen auf der Straße hatten, erreichen wir unseren Schlafplatz erst gegen halb neun. Wir nächtigen auf einem Parkplatz an einem Strand in Kolding mit direktem Blick auf das Wasser. Wir verbringen hier eine angenehm ruhige Nacht.




Am nächsten Morgen setzen wir unsere Fahrt nach Hirtshals fort, von wo wir mit der Color Line um 12:15 Uhr Richtung Norwegen ablegen. Wir haben uns für die Fährfahrt für das Lunchbuffet angemeldet – genau die richtige Entscheidung. Für gerade einmal 299 NOK pro Person gibt es eine gute Auswahl an kalten und warmen Gerichten, Salaten, Vorspeisen, Nachspeisen – sogar die Getränke sind im Preis inbegriffen. Wir lunchieren gemütlich, während das Schiff gen Norden fährt. Gegen 15:30 Uhr legt die große Autofähre in Kristiansand an. Camper in allen Größen verlassen das Schiff – ein eindrucksvolles Bild.
Fähre nach Norwegen und Ankunft in Flekkefjord
Wir starten unsere Norwegenreise über die E39 Richtung Flekkefjord, wo wir die erste Nacht verbringen wollen. Nach etwa eineinhalb Stunden erreichen wir den kleinen Ort. Leider ist der zentral gelegene Stellplatz, den wir ursprünglich angepeilt hatten, bereits komplett belegt – um die 50 Wohnmobile stehen dort perfekt aufgereiht. Wir müssen umdisponieren und fahren wenige Minuten weiter zum Campingplatz Egenes. Dort gibt es im vorderen Bereich einen asphaltierten Parkplatz für Wohnmobile, auf dem gerade einmal vier weitere Camper stehen. Die sanitären Anlagen sind in gutem Zustand – optimal. Nach der langen Fahrt wollen wir uns noch ein wenig die Beine vertreten, doch der „Wanderweg“ entpuppt sich schnell als schweißtreibende Kletterpartie, die wir nach 150 bezwungenen Höhenmetern abbrechen. Zurück am Campingplatz gönnen wir uns ein Bier mit Seeblick, bevor wir das Bett herrichten. Was für eine erholsame Nacht. Nach einem kleinen Frühstück geht es weiter.



Weiterfahrt nach Stavanger
Von Flekkefjord nach Stavanger fahren wir nicht die Autobahn E39, sondern nehmen die Landstraße durch die märchenhafte Fjordlandschaft. Wir bekommen einen ersten Eindruck von den massiven Felsformationen, die diese Region prägen. Die Straße ist abenteuerlich und schlängelt sich durch die Landschaft aus Felsen, Wasser und Wald. Dass Norwegen ein Land der Camper ist, stellen wir an den vielen Wohnmobilen und Vans fest, die uns auf unserer Route entgegenkommen. Die Landschaft ist noch viel beeindruckender, als wir es erwartet hatten.



Am frühen Nachmittag erreichen wir den Campingplatz Mosvangen in Stavanger. Ohne Reservierung bekommen wir problemlos einen schönen Stellplatz direkt an einem kleinen See, der von einem Spazierweg umgeben ist und offenbar eine beliebte Joggingstrecke darstellt. Der Weg entlang des Sees führt in die Altstadt Stavangers. Nach knapp 30 Minuten erreichen wir die engen Gassen mit ihren alten Holzhäusern.






Von dort sind es nur wenige Schritte zum Hafen und in die bunte Fußgängerzone. Da es Sonntag ist, haben viele Geschäfte geschlossen, doch das stört uns nicht. Wir genießen das perfekte Wetter und die schönen Häuser. Zum Essen kehren wir in ein Burgerrestaurant ein. Die Preise sind norwegisch hoch, aber das Essen schmeckt. Als wir das Restaurant verlassen, hat es sich bereits zugezogen. Ein Wetterumschwung mit Regen kündigt sich an. Den halbstündigen Rückweg schaffen wir noch, bevor leichter Nieselregen einsetzt. Zeit für Gemütlichkeit im Camper.






Wanderung zum Preikestolen
Am nächsten Morgen klingelt bereits um kurz vor sechs der Wecker. Anziehen und ab zum Preikestolen. Wir wollen die Wandertour auf die bekannte Aussichtsplattform noch starten, bevor Hunderte von Kreuzfahrttouristen an den Ort gefahren werden. Von Stavanger fahren wir knapp 40 Minuten zum Basecamp des Preikestolen. Hier entscheiden wir uns noch spontan, in dem Hotel dort zu frühstücken, beziehungsweise vor allem Kaffee zu trinken. Wie sollen wir so eine Wandertour denn bitte ohne Kaffee überstehen? Der Frühstücksraum des Hotels ist sehr gemütlich, mit Blick auf See und Felsen, Kerzen auf dem Tisch und chilliger Pianomusik im Hintergrund – ein real gewordenes YouTube-Ambient-Video.



Aber genug der Gemütlichkeit: Um kurz nach halb neun heißt es Regenjacke an und bergauf. Der Wanderweg ist gut ausgebaut, gutes Schuhwerk, ein bisschen Kondition und Schwindelfreiheit sind aber schon Voraussetzung für die Tour, bei der man für eine Strecke immerhin 500 Höhenmeter über vier Kilometer zurücklegt. Der Regen ist unser ständiger Begleiter, die Sichtweite stark eingeschränkt.




Bei unserer Ankunft oben ist vom Fjord gar nichts zu sehen, wir sind in dichten Nebel eingehüllt. Nun ja, das Wetter kann man sich nicht aussuchen, wir freuen uns trotzdem über die Bewegung und den Moment auf dem Preikestolen. Auf dem Rückweg kommen uns, trotz des schlechten Wetters, Menschenmassen entgegen. Wir sind froh, relativ zeitig losgegangen zu sein. Langsam schwächt sich auch der Regen ab und die Sicht wird besser. Am Camper angekommen, bin ich froh, mich der nassen Sachen entledigen zu können.


Wir fahren zurück nach Stavanger. Im Supermarkt haben wir uns ein großes Stück Lachs geholt, welches wir uns in der Gemeinschaftsküche des Campingplatzes braten. In Norwegen schmeckt der Lachs einfach so viel besser! Das Essen ist trotz seiner Einfachheit ein Fest. Nach dem Essen machen wir es uns im Camper gemütlich und überlegen, was wir an den vorhergesagten kommenden Regentagen unternehmen.
Fahrt nach Odda und Trolltunga Camping
Am nächsten Tag geht es weiter Richtung Norden. Wir fahren die E39 bis zum Fähranleger, schippern 25 Minuten über den Fjord und fahren weiter durch eine immer bergiger werdende Landschaft. Von den Felsmassiven sprudelt das Wasser in Form von Wasserfällen hinunter. Am großen „Langfoss“ machen wir kurz Halt. Das Wasser rauscht in gewaltiger Menge nach unten. Durch die noch anhaltende Wolkendecke wirkt es, als käme das Wasser direkt aus dem Himmel – ein beeindruckendes Schauspiel.



Wir fahren weiter, bis wir den kleinen Ort Odda erreichen. Odda war einst ein wichtiger Industriestandort. Heute ist in Odda nicht sehr viel los. Wir schlendern ein wenig durch den Ort und kehren auf eine Waffel und einen Kaffee ein, bevor wir zu unserem Campingplatz Trolltunga Camping fahren. Der Campingplatz ist mit einer Gebühr von etwa 67 EUR der teuerste auf unserer Reise, dazu muss man aber sagen, dass wir einen Premiumstellplatz mit direkter Sicht auf den Fjord gebucht haben – und diese Aussicht bis hin zum Tjørnadalsfossen ist einfach jeden Cent wert. Der Himmel klart im Laufe des Nachmittags auf, wir machen noch einen kleinen Spaziergang entlang des Fjords und werden mit tollen Ausblicken belohnt. Anschließend bauen wir die Campingmöbel auf und bereiten uns einen improvisierten Pasta-One-Pot zu, den wir dann in dieser schönen Atmosphäre genießen können. Habe ich schon erwähnt, dass wir am Fuße des größten Steins Norwegens stehen? Dieser befindet sich nämlich zufällig auch auf dem Campingplatz.









Tvindefossen und weiter zum Sognefjord
Am nächsten Tag sollte es ursprünglich nach Bergen gehen, aber aufgrund mangelnder Zeit beschließen wir, weiter durch die Nationalparks Richtung Norden zu fahren. Wir fahren knapp 100 km weiter zum Tvindefossen. Dieser beeindruckende Wasserfall liegt direkt an der E16, kurz hinter der Stadt Voss. Am Fuße des Wasserfalls gibt es einen kleinen Campingplatz – und wann hat man schon mal die Möglichkeit, direkt an einem Wasserfall zu nächtigen? Neben dem Rauschen des Wasserfalls ist das Prasseln des Regens unser Sound des Tages. Als sich die Wolken etwas lichten, beschließen wir, den Pfad hoch zum Wasserfall zu gehen. Dieser dauert vom Campingplatz etwa 25 Minuten, zunächst auf einer befestigten Straße und schließlich auf einem kleinen Weg durch den Wald. Hier können wir sehen, wie das Wasser, welches dem Kroelvi-Bach entspringt, seinen Weg in die Tiefe startet. Ein wenig mulmig wird es einem schon, wenn man aus der Höhe Richtung Parkplatz schaut. Richtig eindrucksvoll ist die Sicht jedoch von unten. Es sind Wassermassen, die unaufhörlich mehr als 100 m in die Tiefe rauschen.
Als wir wieder am Camper ankommen, kommt es erneut zu einem Wolkenbruch. Ich freue mich über unser nahezu perfektes Timing und wir warten einfach ab. Nach einigen Minuten kämpft sich die Sonne durch die dunklen Wolken. Jetzt ist Schnelligkeit gefragt: der Grill muss aufgebaut werden, denn es wartet ein schönes Stück Lachs darauf, zubereitet zu werden. Unter der Heckklappe unseres Campers klappt das ganz gut. Wir genießen unseren Lachs mit Cole Slaw und bestem Blick auf den Wasserfall. Den feinen Nieselregen nehmen wir schon gar nicht mehr wahr. Auch für einen Kaffee mit einem Puddingteilchen reicht die Regenpause noch, bevor es sich wieder bezieht.




Kjörnes Camping am Sognefjord
Schließlich erreichen wir den vermutlich schönsten Campingplatz unserer Reise: Kjörnes Camping, der sehr idyllisch am Sognefjord liegt. Wir haben einen perfekten Stellplatz in erster Reihe am Fjord und nur wenige Schritte zum Toilettenhaus. Als wir den Campingplatz gegen Mittag erreichen, haben wir noch eine gute Auswahl an Plätzen, abends ist der Platz dann tatsächlich ziemlich voll. Pünktlich sein scheint sich hier wirklich zu lohnen.




Wir gehen zu Fuß in den knapp 4 km entfernten Ort Sogndal. Es handelt sich um einen kleinen, aber aufstrebenden Ort direkt am Fjord. Wir spazieren durch den Ort, der sehr schön ist, aber auch ein wenig verschlafen. Wir kehren in eine Kaffeerösterei ein, wo wir sehr leckeren Kaffee und dazu eine köstliche Kanel- und Kardamomknute mit Pistaziencreme bekommen. Ein echtes Geschmackserlebnis.


Zurück am Campingplatz nutzen wir die Gemeinschaftsküche zur Zubereitung unserer Pasta, die wir mit bestem Blick auf den Fjord genießen. Es weht eine steife Brise, ein wenig zu kalt, um länger draußen zu sitzen, aber im Camper ist es auch gemütlich. Abends flaut der Wind ab, sodass wir im schönsten Abendlicht noch den weitläufigen Campingplatz erkunden können. Ein Traum.





Gletscher im Jostedalen-Nationalpark und Ankunft in Geiranger
Am nächsten Morgen geht es dann ganz entspannt weiter in den Norden. Erster Halt ist der Gletscher Supphellebreen. Wir fahren durch den Jostedalen-Nationalpark. Die Fjordlandschaft beeindruckt uns nach wie vor. An den Straßenrändern tauchen hin und wieder Schafe und Kühe auf, die völlig unbeeindruckt von dem doch sehr regen Autoverkehr zu sein scheinen. Die Schneeschichten in den Bergen, die erst noch so weit weg erschienen, kommen langsam näher. Die Landschaft wird karger.





Nach knapp dreieinhalb Stunden erreichen wir Geiranger, den kleinen Ort an einem der bekanntesten Fjorde der Welt. Der Campingplatz am Fjord ist voll, was wir bereits geahnt haben. Für unseren kleinen Camper findet sich trotzdem noch eine Ecke, leider ohne Strom, und mit einem Nachbarn, der uns mit seiner Feuerstelle etwas einräuchert. Da es regnet, lassen wir die Türen ohnehin geschlossen.
Wir brauchen nicht mal zehn Minuten, um vom Campingplatz zum Hafen von Geiranger zu kommen. Hier gibt es mehrere kleine Büdchen, wo man etwas zu essen bekommt oder Souvenirs shoppen kann. Unser spätes Lunch besteht aus einer leckeren Fischfrikadelle im Brötchen. Sören nimmt zusätzlich noch die Bacalao-Bällchen. Es schmeckt und macht satt.
Gegen 17 Uhr verlässt das vor Anker liegende Kreuzfahrtschiff den Fjord. Gleichzeitig schließen auch die ersten Büdchen. Wir schlendern im Nieselregen zurück zum Camper. Heute ist Lesen und Netflixen angesagt.



Geiranger bei Sonne und Fjordfahrt
Am Morgen erwartet uns eine ganz andere Sicht auf Geiranger. Der Regen hat aufgehört, in der Nacht hat ein zweites Schiff im Hafen angelegt und in erster Reihe am Fjord sind mindestens zwei Stellplätze frei geworden. Noch im Schlafanzug parken wir das Auto um und registrieren uns für den neuen Premium-Stellplatz. Hier haben wir nun auch Strom. Wir genießen unser Frühstück mit Top-Sicht auf Fjord und Hafen.

Nach dem Frühstück kümmern wir uns um unsere Wäsche. Aus Platzgründen haben wir nur Kleidung für etwas über eine Woche dabei, daher wird es langsam knapp mit frischer Wäsche. Der Campingplatz ist aber sehr gut ausgestattet mit Waschmaschinen und Trocknern, die Zahlung ist per Kreditkarte möglich. Bislang sind wir im kompletten Urlaub mit Kartenzahlung ausgekommen. Nachdem auch das erledigt ist, erkunden wir Geiranger zu Fuß. Direkt vom Campingplatz führt ein Weg entlang des Wasserfalls, der durch den Ort in den Fjord rauscht. Anschließend folgen wir einem der zahlreichen Wanderwege bergauf, sodass wir einen schönen Blick auf Geiranger haben. Eigentlich führt unser Wanderweg noch weiter zu einem anderen Wasserfall, aber wir müssen nach etwa der Hälfte umdrehen, da wir für den späten Nachmittag eine Bootsfahrt auf dem Geirangerfjord gebucht haben.


Um viertel vor fünf reihen wir uns in die Schlange für die Bootsfahrt ein. Wie sollen bitte all diese Menschen auf das kleine Boot passen? Es stellt sich heraus: es funktioniert. Mühsam sichere ich mir einen Außenplatz, um einigermaßen gute Aufnahmen machen zu können. Das Wetter ist traumhaft, und das warme Abendlicht lässt die ohnehin schon beeindruckende Kulisse leuchten. Über eine App führt uns ein Audioguide durch die Tour. Wir lernen etwas über die Entstehung der Fjorde sowie über das schroffe Leben der Menschen, die hier einst siedelten. Wir haben auf unserer Reise schon viele Wasserfälle gesehen, aber der Wasserfall 7 Sisters, den man nur vom Fjord aus sehen kann, ist wirklich beeindruckend. Ebenso der Wasserfall gegenüber, dessen Steine die Form einer Flasche haben – daher hat der schwedische Vodka-Hersteller Absolut ihn wohl auch schon für Werbezwecke genutzt. Wasserfälle, interessante Felsformationen – diese 90-minütige Bootsfahrt ist trotz des hohen Preises von 600 NOK pro Person definitiv empfehlenswert.





Nach der Bootsfahrt bauen wir unseren Grill auf und genießen unser Abendessen mit schönstem Blick auf den Fjord. Die beiden Kreuzfahrtschiffe, die tagsüber in Geiranger geankert hatten, sind mittlerweile schon wieder in den Weiten der Fjorde verschwunden. Für den Abend haben wir im Supermarkt noch etwas Besonderes gefunden: Biere der Geiranger Bryggeri. Insgesamt gibt es fünf Sorten, drei davon verkosten wir an diesem wunderschönen Mittsommerabend. Die lange Helligkeit führt dazu, dass man völlig das Zeitgefühl verliert und abends deutlich weniger müde ist.


Ålesund
Am nächsten Morgen geben wir unseren schönen Stellplatz wieder frei. Für uns geht es weiter nach Ålesund. Wir fahren, inklusive kurzem Fährabschnitt, knapp drei Stunden. In Ålesund belegen wir einen zentrumsnahen Wohnmobilstellplatz direkt am Wasser. Der Stellplatz verfügt über Strom und recht ordentliche sanitäre Anlagen. Innerhalb von fünf Minuten ist man zu Fuß im Stadtkern. Es zahlt sich aus, dass wir bereits gegen Mittag da sind, denn am Nachmittag sind alle Plätze restlos belegt. Die Wetterprognose ist schlecht, es ist für zwei Tage Regen angekündigt. Da der Regen erst am späten Nachmittag einsetzen soll, starten wir direkt unsere Erkundungstour durch Ålesund.




Ålesund ist ein beliebter Anlaufpunkt für große Kreuzfahrtschiffe. Dass zwei dieser schwimmenden Hotelburgen im Hafen liegen, merkt man am regen Betrieb in der kleinen Stadt. Da wir auf dem Stellplatz keine gute Möglichkeit haben abzuwaschen, gehen wir eine Kleinigkeit essen. Danach gehen wir zurück zum Camper – es regnet nun. Wir machen es uns gemütlich. Dank sehr gutem WLAN können wir auch ein wenig die Nachrichtenlage im deutschen TV verfolgen. Zu unserer großen Überraschung zieht die Wolkendecke am Abend auf und die Sonne kommt heraus. Der Wetterbericht lag falsch. Schnell ziehen wir unsere Schuhe an und brechen zu einem kleinen Spaziergang auf. Es gibt einen tollen Stadtpark, der den Berg Aksla hinaufführt, mit bestem Blick auf Ålesund. Der Ausblick ist es definitiv wert, die 418 Stufen zu bezwingen. Anschließend schlendern wir noch etwas durch die Innenstadt – ohne die Tagestouristen ist es dort einfach so viel entspannter.









Ausflug nach Langevåg
Der nächste Tag startet viel sonniger als erwartet. Noch zwei Tage zuvor hatte die Wetterprognose sintflutartige Regenfälle vorhergesagt. Davon ist nun nichts mehr zu spüren. Für diesen Tag haben wir einen Ausflug nach Langevåg geplant. Von Ålesund fährt stündlich ein modernes Schnellboot in knapp 15 Minuten dorthin. In Langevåg befinden sich in den ehemaligen Fabrikhallen des ältesten norwegischen Textilherstellers Devold ein Museum sowie ein Factory Outlet. Devold stellt seit Mitte des 19. Jahrhunderts Strickwaren aus Merinowolle her und ist heute auf Funktionskleidung aus Merinowolle spezialisiert. Ich bin großer Fan dieser natürlichen Funktionskleidung und freue mich daher sehr, hier vielleicht ein Schnäppchen machen zu können und gleichzeitig eine Urlaubserinnerung zu haben. Im Museumsteil sind viele Exponate aus der langjährigen Historie der Firma ausgestellt, allerdings sind alle Texte und Beschreibungen komplett auf Norwegisch. Der Besuch des Outlets lohnt sich, wenn man den Wert von Merino-Funktionskleidung zu schätzen weiß. Wir lassen jedenfalls ein paar Kronen dort. Mit dem Schnellboot geht es schließlich zurück nach Ålesund. Am Hafen probieren wir noch lokale Eiscreme auf Basis von Ziegenmilch – schmeckt gut. Den restlichen Tag verbringen wir gemütlich im Camper, da das Wetter wieder etwas unbeständiger geworden ist.



Rückreise Richtung Süden
Am nächsten Morgen machen wir den Camper wieder reisebereit. Es geht weiter, wir schlagen nun den Weg Richtung Süden ein. Nach fünf Stunden Fahrt erreichen wir das Turistsenter Lillehammer. Der Campingplatz liegt etwas außerhalb des Stadtzentrums. Wir machen noch einen Spaziergang entlang des Mjøsa-See. Da es schon recht spät ist und ein schönes Stück Lachs darauf wartet, gegrillt zu werden, verzichten wir auf den Besuch des Stadtzentrums und gehen zurück zum Campingplatz. Dort machen wir es uns an einer Picknickbank gemütlich.



Am nächsten Tag fahren wir weiter, knapp vier Stunden in den Süden. Zunächst nach Heddal, wo wir uns eine der beeindruckendsten Stabkirchen Norwegens anschauen. Schließlich fahren wir zu einem nahegelegenen Campingplatz, wo wir einen wunderschönen Stellplatz mit traumhafter Aussicht auf den Telemarkkanal bekommen. Das Wetter ist hier deutlich wärmer und sonniger als die Tage zuvor. Ein guter Grund, die Badesachen herauszuholen und das erfrischende Wasser zu testen. Das Wasser ist klar und kalt, ich gehe vom Steg ein paar Schritte hinein. An die Kälte kann ich mich gewöhnen, aber nicht an den schlickigen, glitschigen Boden unter meinen Füßen – daher verlasse ich das kühle Nass recht schnell wieder. Zum Abendessen gibt es heute original norwegische Pølser in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen. Die Sonne verschwindet langsam und wunderschön hinter der bergigen Landschaft.





Letzte Etappe: Kristiansand
Am nächsten Morgen stehen wir relativ früh auf. Den Camper haben wir am Vorabend schon so gut wie möglich auf die Weiterreise vorbereitet und uns ein paar Stullen für die Fahrt geschmiert. An der Rezeption holen wir noch zwei vorbestellte Kanelknuten ab, die sie aus einer lokalen Bäckerei beziehen. Um kurz nach acht fahren wir weiter nach Kristiansand, wo wir gegen halb zwölf ankommen. Ich hatte etwas Sorge, keinen Stellplatz mehr zu bekommen, wenn wir zu spät eintreffen. Diese Sorge stellt sich jedoch als unbegründet heraus, da der Stellplatz auch über Nacht nicht voll wird. Das frühe Eintreffen gibt uns immerhin die Möglichkeit, die Stadt zu erkunden. Vom Stellplatz gehen wir knapp 50 Minuten in die Innenstadt, machen zwischendurch Halt im Rådhuscafeen – frei nach dem Motto „May your coffee kick in before reality does“. Der Kaffee schmeckt auch hier unglaublich gut. Die Norweger können Kaffee, das können wir nach diesem Urlaub definitiv sagen.

Wir gehen weiter Richtung Innenstadt, entlang der parkähnlichen Hafenpromenade, vorbei an der ehemaligen Festungsanlage von Kristiansand und einem wirklich schön gestalteten Community-Garten. Schließlich erreichen wir die Fußgängerzone, umgeben von vielen Geschäften, Restaurants und Bars. Zum Lunch gibt es ein leckeres Steak bei Slakter Sørensen.









Wir bummeln die Fußgängerzone bis zum Ende durch und gehen dann zurück, vorbei an beeindruckender Streetart, Richtung Hafen, wo wir eine Brücke überqueren und auf die Halbinsel Odderøya kommen.



Direkt am Hafen liegt neben dem imposanten Konzert- und Schauspielhaus Kilden das Kunstsilo, für das wir Karten reserviert haben. Das Kunstsilo ist ein ehemaliges Getreidesilo, das auf spektakuläre Weise umgebaut wurde und nun Ausstellungen mit Werken skandinavischer Künstler beherbergt. Das Gebäude an sich ist bereits ein Kunstwerk. Wir schauen uns diverse Sonderausstellungen an, die über drei Etagen verteilt sind. Im Nachhinein vermute ich, dass wir dabei die permanente Ausstellung des Museums übersehen haben. Draußen hat mittlerweile der Regen eingesetzt.






Wir verlassen das Museum während einer Regenpause. Es stippert, wir schaffen es noch bis zum Rådhuscafeen, als es wieder stärker anfängt zu regnen. Kaffeepause. Als der Regen nachlässt, versuchen wir so schnell wie möglich, den Stellplatz zu erreichen. Dort angekommen machen wir es uns im Camper gemütlich.
Gegen sechs Uhr am nächsten Morgen klingelt der Wecker. Um acht Uhr legt die Fähre von Kristiansand ab. Die Überfahrt ist entspannt. Wir haben ein Frühstücksbuffet gebucht und verbringen zwei Drittel der Fahrt im Restaurant – erst mit einem ausgiebigen Frühstück, anschließend Zeitung lesend mit viel Kaffee. Den Rest der Fahrt stöbern wir durch den Duty-Free-Shop (eine gute Gelegenheit, diverse Parfums zu erschnuppern) und genießen die Sonne auf dem Deck. Gegen 11:30 Uhr erreichen wir Hirtshals. Da wir gut erholt sind, entschließen wir uns, komplett durchzufahren, und kommen gegen halb acht zu Hause an.

Sicherlich hat man bei einer solchen Camperreise deutlich weniger Luxus als zu Hause oder im Vergleich mit Reisen in Hotels oder Ferienwohnungen: Jeden Abend muss das Bett umgebaut werden, minimalistisches Kochen auf dem Campingkocher, hinterher wird von Hand abgespült, die sanitären Anlagen teilt man sich mit anderen Campern und es ist auch nicht jeden Tag möglich zu duschen. Doch ich denke, gerade diese Form von Minimalismus, mit ganz wenigen Dingen auszukommen, und zusätzlich die atemberaubenden Landschaften Norwegens, die Gelassenheit und Freundlichkeit der Norweger und sogar das wechselhafte Wetter (welch ein Glücksgefühl, wenn man sich endlich der regendurchnässten Sachen entledigen kann oder wenn trotz desaströser Prognose die Sonne für ein paar Stunden scheint), führen dazu, dass man extrem viel gute Energie und Zufriedenheit aus so einer Reise mitnehmen kann. Uns hat es gefallen.

